Haushaltsrede im Stadtrat Oldenburg 2017

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Haushaltsrede im Stadtrat Oldenburg 2017

Herr Ratsvorsitzender, meine sehr verehrten Damen und Herren,

wir reden über einen Haushalt der Stadt, der einen Umfang von rd. einer halben Milliarden  Euro hat. Als wir den ersten Verwaltungsentwurf zu diesem Haushalt bekamen, sah es so aus als hätten wir einen Überschuss von 1,3 Millionen. Im Laufe der Beratungen kamen dann noch zwei Änderungsanträge der Verwaltung zum eigenen Haushalt hinzu, durch die sich die Haushaltslage noch einmal verbesserte, und zwar auf 3 Millionen Überschuss.

Die NWZ hat in ihrer Ausgabe am 10.02.2017 das übrigens falsch dargestellt, weil die NWZ noch vom ursprünglichen Überschuss von 1,3 Millionen ausgegangen war.

In Wirklichkeit ist der Überschuss wahrscheinlich noch höher, wenn man die versteckten Reserven, die die Verwaltung in die Haushalte immer einbaut, hinzurechnet. Ich hatte ja schon darauf hingewiesen, dass der Rat – gegen unsere Stimmen – die Friedhofsgebühren teilweise drastisch erhöht hatte. Die Mehreinnahmen finden sich aber nicht im Haushaltsansatz der Verwaltung wieder. Ein anderes Beispiel ist die Grundsteuer, die nach dem Vorbericht der Verwaltung zum Haushalt steigen müsste, weil immer mehr Grundstücke in Bauland umgewandelt werden. In den Zahlen spiegelt sich das aber nicht wieder.

Angesichts dieser Situation hat Frau Conti durchaus recht, wenn sie erklärt, dass dieser Haushalt „Gestaltungsspielräume ermöglicht“. Gemessen an dem Überschuss von 3 Millionen sind die Änderungsanträge von SPD und Grünen mit insgesamt 450.000,- € aber ausgesprochen dürftig. Die Änderungslisten von CDU, FDP und Alfa sind noch geringer. Von daher kann ich überhaupt nicht nachvollziehen, wenn Herr Baak hier erklärt hatte, SPD und Grüne würden das Geld „mit vollen Händen ausgeben“. Auch unser Haushaltsansatz, der von Mehrausgaben in Höhe von 2,1 Millionen im Ergebnishaushalt ausgeht, hinterlässt immerhin noch eine 1 Million Überschuss.

Der Haushaltsänderungsantrag von SPD und Grünen ist kleinmütig und wenn man die lange Beratungszeit bedenkt, die die beiden Fraktionen dafür benötigt haben, muss man sagen: Es kreisste der Berg und gebar eine Maus.

In Oldenburg besteht aber ein dringendes Bedürfnis die vorhandenen Gestaltungsspielräume zu nutzen:

Das größte soziale Problem in Oldenburg ist der Wohnraummangel. Ein Indiz für den dramatischen Zustand ist die Warteliste der GSG. Dort befinden sich aktuell 5.200 Anfragen, wobei diese Zahl immer wieder aktualisiert wird. Angesichts dieser Situation muss mit den städtischen Mitteln beherzt eingegriffen werden. Wir haben deshalb zusätzlich 500.000,- € für die Wohnbauförderung in den Finanzhaushaltsentwurf unserer Gruppe eingestellt.

Die Stadt ergreift ja durchaus auch Maßnahmen, um für zusätzlichen Wohnraum zu sorgen. Die neuen Wohngebiete Donnerschwee-Kaserne, Fliegerhorst und Am Bahndamm sind jedoch noch nicht so schnell fertig, dass sie schon im Jahr 2017 die Situation spürbar lindern könnten. Deshalb haben wir vorgeschlagen ein Moratorium für die Kostensenkungsaufforderungen des Jobcenters und des Sozialamtes auszusprechen und dafür 425.000,- € eingesetzt.

Es ist die tägliche Erfahrung, die die Sozialverbände und auch die ALSO berichtet,die Menschen erhalten Umzugsaufforderungen oder Kostensenkungsaufforderungen, weil die Miete in ihren Wohnungen angeblich zu teuer ist. Da sie auf dem Wohnungsmarkt gegenwärtig aber gar keine preiswerten Wohnungen finden,bleibt ihnen nichts anderes übrig als den nicht gedeckten Kostenanteil der Kosten der Unterkunft sich im wahrsten Sinne des Wortes vom Munde abzusparen. Sie müssen bei den Regelleistungen  für sich persönlich kürzen, obwohl die in diesen Regelleistung enthaltenen Mittel für Essen, Trinken, Kleidung und kulturelle Bedürfnisse schon jetzt kaum reichen.

Es ist deshalb enttäuschend, dass SPD und Grüne auf den Vorschlag der ALSO für dieses Moratorium, den wir aufgegriffen hatten, nicht eingegangen sind, obwohl bei einem Vorgespräch in den Räumen der ALSO die Vertreter der SPD und Grünen etwas anderes signalisiert hatten. Wahrscheinlich waren es aber nicht die wirklichen Entscheidungsträger, die an diesen Beratungen teilgenommen haben.

Bei den Gesprächen mit der ALSO hatten wir auch den Schulmaterialfond angesprochen. Hier geht es um Chancengleichheit in der Bildung. Wir wollen nicht, dass dies von finanziellen Hürden abhängig ist. Gegenwärtig müssen aber Menschen mit geringen Einkommen für ihre Kinder zusätzliche Mittel aufwenden,weil z.B. beim Übergang zur Oberstufe ein teurer Taschenrechner gefordert wird oder bei der Einschulung Schulranzen oder im Laufe des Schuljahres hohe Kosten für einen Schulatlas entstehen, die Menschen mit geringem Einkommen von ihren Regelsätzen nicht aufbringen können. Das Bildungs- und Teilhabepaket deckt die tatsächlichen Kosten nicht. Deshalb ist es richtig, dass jetzt der Schulmaterialfond auf den Weg gekommen ist.

Wir haben bei unserem Haushaltsentwurf in Rechnung gestellt, dass die Stadt wächst und in gleichem Umfange auch der öffentliche Dienst mitwachsen muss. In gewissen Umfang ist dies im vorliegenden Stellenplan schon enthalten, es reicht aber nicht. Der Hauptpersonalrat und der Personalrat der Stadt haben uns darauf hingewiesen, dass zusätzliche Stellen fehlen, vor allem bei der Feuerwehr und zum Beispiel auch in den Kindergärten. Dort sollten Springkräfte eingesetzt werden können, damit die Kindergärten ihre Erziehungs- und Betreuungsaufgaben sachgerecht wahrnehmen können.

Ein größerer Haushaltsposten in unserem Ansatz war der Vorschlag für einen Sozialtarif beim öffentlichen Nahverkehr. Dieser Vorschlag ist ökologisch und sozial zugleich. Er schafft Anreize, dass mehr Menschen mit dem Bus fahren,sodass die Busse besser ausgelastet werden können. Da mehr Fahrgäste auch mehr Geld einbringen,ist der Zuschussbedarf gar nicht mal so schrecklich hoch. Dieses Modell gibt es ja bereits in Köln. Wir haben das nach den Zahlen auf Oldenburg umgerechnet und kommen so auf etwa 700.000,- € zusätzliche Mittel für die VWG. Lediglich ein unverbindlicher Prüfauftrag hierzu im Haushaltsansatz von SPD und Grünen ist uns zu wenig. Wenn sie das Projekt politisch  befürwortet hätten, hätten sie auch unserem Antrag zustimmen können. Wenn sich dann hinterher raus stellt, dass es statt 700.000  650.000 oder 850.000 sind hätte das ja auch nichts gemacht, weil man die Mehrausgaben notfalls auch außerplanmäßig hätte beordnen können. Dass ausreichende Reserven vorhanden sind,hatte ich ja schon aufgezeigt.

Für so ein Projekt ist aber der politische Wille notwendig. Gegenwärtig ist es so, dass die Mittel für Mobilität, die in den Hartz4-Regelsätzen enthalten sind,einfach nicht den tatsächlichen Kosten entsprechen. Wir gehen aber von einem Grundrecht auf Mobilität aus, dass jeder Frau und jedem Mann zustehen muss. Dieses Recht kann nur eingelöst werden, wenn die Fahrt mit dem Bus für Menschen mit geringem Einkommen auch bezahlbar ist.

Auch bei den Zuschüssen für kulturelle und soziale Initiativen lässt der Haushaltsentwurf der SPD und Grünen ein paar grüne Einsprengsel erkennen, aber nicht viel mehr. Bei den sozialen und kulturellen Initiativen sind die Erhöhungen, die SPD und Grüne vorgenommen haben, bescheiden. Im Großen und Ganzen gehen sie nicht über den Haushaltsansatz der Verwaltung hinaus, zum Beispiel beim Zuschuss für die Sinti und Roma oder bei der Flüchtlingsintegration. Gerade dies ist aber eine unglaublich wichtige Aufgabe. In erster Linie geht es um die Vermittlung von Sprachkenntnissen. Hierzu liegen Anträge vor, die jedoch nicht das Gehör von SPD und Grünen gefunden haben. Im kulturellen Bereich haben SPD und Grüne beim Filmfest sogar 30.000,- € gekürzt. Eine Begründung ist dafür nicht erkennbar. Diese Schikane gegen das Filmfest ist einfach nur lächerlich und kleingeistig.

Es ist richtig, dass im Finanzhaushalt klargestellt wurde, dass die Frage,wo der Stadtjugendring in Zukunft untergebracht werden soll, offen bleiben muss, solange nicht der runde Tisch darüber verhandelt hat. Es muss nämlich noch geprüft werden,ob der Stadtjugendring und VHS-Werkstatt nicht vielleicht günstiger im bisherigen Gebäude in der Von-Finck-Str. untergebracht werden können, wenn man dieses renoviert. Ob ein Neubau die bessere Lösung ist, ist noch nicht entschieden. Aber unabhängig davon treten wir dafür ein, dass die Situation für den Stadtjugendring nicht nur beim Status quo erhalten bleibt sondern verbessert wird,damit die Mitgliedsvereine der Stadtjugendringes mehr Entfaltungsmöglichkeiten haben. Aus diesem Grund haben wir zusätzliche 300.000,- € in den Finanzhaushalt eingestellt.

Insgesamt muss ich feststellen, dass unsere abweichenden Vorstellungen zum Haushaltsentwurf von SPD und Grünen doch zu erheblich sind, so dass wir deren Vorschlag nicht zustimmen können. Wir sagen deshalb nein zu einem Haushalt der Kleinmütigkeit und Zaghaftigkeit gegenüber den Anforderungen einer gestaltenden Politik.

Hans-Henning Adler

Gruppenvorsitzender

2017-05-11T16:12:26+00:00