Gängige Erzählung
1. Der Krieg in der Ukraine kann nur mit verstärkten Waffenlieferungen, insbesondere mit Taurus-Marschflugkörpern, die bis in das tiefe Russland reichen, beendet werden. Notwendig ist ein „Sieg-Frieden“.
Unsere Antwort
1. Kriege können auch mit Diplomatie und einem Verhandlungsfrieden beendet werden. Jede weitere Waffenlieferung an die Ukraine verlängert den Krieg und kostet weitere tausende Menschenleben, weil jeder Eskalationsschritt der einen Seite mit einer Gegeneskalation der anderen Seite beantwortet wird. Das zeigt auch die aktuelle Entwicklung mit weitreichendem Beschuss durch ATACMS-Raketen nach Russland und den Angriff russischer Drohnen auf die zivile Infrastruktur der Ukraine sowie durch den Einsatz der neuartigen Hyperschallrakete „Oreschnik“ gegen Ziele in der Ukraine.
Diese Eskalationsspirale muss jetzt endlich mit einem Waffenstillstand und Friedensverhandlungen durchbrochen werden. Alles Andere ist höchst gefährlich, weil Selenskyj immer wieder versucht die NATO-Staaten in den bewaffneten Konflikt hineinzuziehen. Ein direkter Konflikt der NATO-Staaten mit Russland wäre ein Krieg mit einer Atommacht!
Eine Verhandlungslösung muss die Sicherheitsinteressen der Ukraine, aber auch die Russlands in Rechnung stellen, so wie es in der Präambel des 2+4-Vertrages steht, der anlässlich der Herstellung der deutschen Einheit geschlossen wurde: („Entschlossen, die Sicherheitsinteressen eines jeden zu berücksichtigen,..“).
Einer Verhandlungslösung war man Ende März 2022 schon sehr nahe, als der von der ukrainischen Delegation in Istanbul vorgelegte 10-Punkte-Plan mit Neutralität der Ukraine und Sicherheitsgarantien für die Ukraine unterschriftsreif und von der Ukraine schon paraphiert worden war, dann aber am Veto Großbritanniens und der USA gescheitert ist. Daran ließe sich anknüpfen.
Gängige Erzählung
2. Russland hat einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen die Ukraine vom Zaun gebrochen. Darauf muss mit harten Sanktionen und Waffenlieferungen an den angegriffenen Staat geantwortet werden, damit das nicht Schule macht.
Unsere Antwort
2. Der Krieg Russlands gegen die Ukraine ist ja nun nicht der erste Fall eines Völkerrechtsbruchs. Der NATO-Saat Türkei hat die kurdischen Gebiete im Norden Syriens angegriffen, besetzt und die dort wohnende Bevölkerung in die Flucht getrieben.
Die USA haben den Irak angegriffen, weil dieser Staat angeblich Massenvernichtungswaffen besitzen würde, was sich später als Kriegslüge herausgestellt hat. In diesen Fällen gab es keine Sanktionen und schon gar nicht Waffenlieferungen an den angegriffenen Staat.
Ohne Mandat der UNO hat die NATO mit deutscher Beteiligung 1999 einen Luftkrieg gegen Jugoslawien geführt, auch ein Bruch des Völkerrechts.
Die Bewertung des russischen Krieges gegen die Ukraine als Angriffskrieg ist ja richtig, beantwortet aber nicht die Frage wie der Krieg beendet werden kann. Bei Verhandlungen müssen die Sicherheitsinteressen aller Seiten bedacht werden. DIE NATO-Osterweiterungen und die angekündigte Aufnahme der Ukraine in die NATO hatten einen erheblichen Vertrauensschaden erzeugt, weil damit Versprechungen gebrochen wurden, die am Ende des kalten Krieges gemacht wurden (u.a. US-Außenminister Baker gegenüber Gorbatschow, die NATO würde sich „not one inch eastward“ erweitern).
Vermittlungsangebote verschiedener Saaten liegen vor, u.a. von China, Brasilien oder auch vom Papst. Warum wird das nicht aufgegriffen?
Wirtschaftssanktionen haben zu keinem Ende des Krieges geführt und Deutschland wirtschaftlich mehr geschadet als Russland. Immer mehr Waffenlieferungen haben den Krieg auch nicht beendet, statt dessen die Illusion Selenskys befeuert Russland besiegen und alle besetzten Gebiete einschließlich der Krim zurückerobern zu können. Waffenlieferungen tragen deshalb zur Verlängerung des Krieges bei.
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3. Mit Putin kann man nicht verhandeln, weil er völkerrechtswidrig die Ukraine angegriffen hat.
Unsere Antwort
3. Natürlich sollte man mit Putin verhandeln. Er hat mehrfach Verhandlungen angeboten, also sollte man ihn beim Wort nehmen. Wer Verhandlungen von vornherein ausschließt, verweigert Lösungen das Massensterben zu beenden. Im Übrigen gibt es in der Geschichte genug Beweise, dass auch mit diktatorischen Regimes Verhandlungen zur Beendigung eines Krieges erfolgreich geführt werden konnten. Stalin war bestimmt kein Demokrat und hat schwere Verbrechen begangen, die das, was man Putin vorwerfen kann, weit übersteigen. Gleichwohl konnte der russisch-finnische Krieg, der als Angriffskrieg gegen Finnland begonnen hatte, durch einen Kompromiss mit territorialen Zugeständnissen nach Verhandlungen beendet werden.
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4. Wenn man Russland nicht militärisch Einhalt gebietet, marschiert die russische Armee weiter nach Westen und greift die baltischen Staaten oder Polen an.
Unsere Antwort
4. Der gegenwärtige Verlauf des Krieges zeigt, dass Russland mit seinen Plänen, die Ost-Ukraine vollständig zu erobern, nur sehr langsam vorankommt. Wo soll Russland die militärische Kraft hernehmen, auch noch andere Länder zu überfallen?
Einen NATO-Staat anzugreifen, würde erhebliche Risiken in sich tragen, weil der NATO-Vertrag für diesen Fall Beistandspflichten der übrigen NATO-Staaten vorsieht, was die Gefahr eines Atomkrieges einschließt.
Den Sicherheitsinteressen der an Russland angrenzenden NATO-Staaten wäre mehr gedient, wenn man zur Entspannungspolitik Willy Brandts zurückkehren würde. Das setzt allerdings die Bereitschaft voraus in diesen Prozess mit Diplomatie und Verhandlungen wieder einzutreten.
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5. Die Ukraine kämpft stellvertretend für uns für Demokratie und Menschenrechte. Deshalb müssen wir sie militärisch unterstützen.
Unsere Antwort
In der Ukraine sind Oppositionsparteien verboten. Medien sind gleichgeschaltet. Oppositionelle Sender wurden vom Netz genommen. Gewerkschaftliche Rechte wurden außer Kraft gesetzt. Durch die „Geschichtsgesetze“ wurde 2015 der Chef der Organisation Ukrainischer Nationalisten (OUN), Stepan Bandera, ein Kollaborateur der Nazis und Antisemit, dessen Organisation OUN an der Ermordung von Polen und Juden im 2. Weltkrieg beteiligt war, zum Nationalhelden gemacht. Das alles zeigt: Es geht nicht um Demokratie und Menschenrechte, dafür ist die Ukraine in ihrer gegenwärtigen Verfassung kein Garant, sondern um geostrategische Interessen vor allem der USA mit dem Ziel Russland zu schwächen, andererseits natürlich auch um Machtinteressen Putins, die mit großrussischen Phantasien begründet werden.
Beide Seiten haben hierbei im Blick, dass auf dem Territorium der Ost-Ukraine auch strategische Bodenschätze liegen (Lithium, Titan, seltene Erden…), was in amerikanischen Medien wie „Washington Post“ und „Financial Times“ schon längst offen angesprochen wird. Auch dafür führen die Soldaten der Ukraine und Russlands einen Krieg mit unzähligen Opfern, die ihr Blut für diese Macht- und Wirtschaftsinteressen preisgeben. Nur ein Friedensschluss mit einem fairen Interessenausgleich kann diesen Irrsinn beenden. Die Völker Russlands und der Ukraine haben kein Interesse an diesem Krieg, mit welcher Ideologie er auch immer begründet wird.
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6. Wir brauchen eine verstärkte Aufrüstung, mindestens 2 % der Bruttoinlandsprodukts, und vor allem ein „Sondervermögen“ über 100 Milliarden Euro, um die Bundeswehr zu modernisieren und kriegstüchtig zu machen.
Unsere Antwort
6. Das unabhängige Friedensforschungsinstitut SIPRI hat Zahlen vorgelegt, die deutlich machen, wer sich eigentlich bedroht fühlen müsste:
Die NATO-Staaten gaben 2021 1.175 Milliarden US-Dollar für Rüstung aus, Russland dagegen 63,5 Milliarden.
2023 sind die Rüstungsausgaben weiter gestiegen: Allein die USA steigerten Ihre Kriegsausgaben auf 858 Milliarden US-Dollar, Russland auf 84 Milliarden US-Dollar.
Der gegenwärtige Rüstungswettlauf, der mit der von Kanzler Scholz eingeleiteten „Zeitenwende“ begonnen hat und mit einem kreditfinanzierten „Sondervermögen“ von 100 Milliarden Euro verbunden ist, schafft keine Sicherheit, allerdings Super-Profite inden Taschen der Rüstungskonzerne, allen voran denen der USA, weil dort die meisten neuen Waffensysteme gekauft werden sollen. Man muss nicht 2 % des BIP für Rüstung verschwenden. Japan kommt mit 1,2 % des BIP für die Rüstung aus.
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7. Wir brauchen Mittelstreckenwaffen auf deutschem Boden, die direkt Russland bedrohen können, insbesondere tief fliegende Marschflugkörper und Hyperschallraketen vom Typ „Dark Eagle“, um unsere Sicherheitsinteressen zu wahren.
Unsere Antwort
7. Die USA wollen diese Waffensysteme auf deutschem Boden installieren und damit zum ersten mal seit Inkrafttreten des INF-Vertrages von 1988 wieder Ziele in Russland mit landgestützten Systemen strategischer Reichweite von Deutschland aus bedrohen. Andere europäische Länder lehnen dies aus guten Gründen ab, weil solche Abschusseinrichtungen das Ziel von Präventivschlägen der russischen Seite sein können. Die kurzen Vorwarnzeiten dieser Waffen machen uns zur Zielscheibe, außerdem besteht die Gefahr, dass ein Krieg durch menschliches Versagen oder technische Fehler ausgelöst werden kann. Man kann diese Raketen nicht mehr zurückholen, wen sie einmal abgeschossen wurden. Das Ganze wird noch gefährlicher, wenn man bedenkt, dass solche Marschflugkörper und Hyperschallraketen auch atomar bestückt werden können.
Da waren wir schon mal weiter, als auf dem Verhandlungswege SS 20-Raketen und Pershing II-Raketen verschrottet wurden Zur diesen Abrüstungspolitik müssen wir zurückkehren, statt immer weiter aufzurüsten.
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8. Wir müssen Wirtschaftskrieg der USA unterstützen und uns militärisch aufrüsten, um uns gegenüber China zu behaupten, was immer aggressiver wird.Wir müssen international „mehr Verantwortung übernehmen.“
Unsere Antwort
8 . Mit neuer „internationaler Verantwortung Deutschlands“ wurden auch die Auslandseinsätze der Bundeswehr in Afghanistan und Mali begründet. Die Ergebnisse sind bekannt.
China ist eine aufstrebende Wirtschaftsmacht mit stark entwickelten weltweiten Handelsbeziehungen, auch zu Deutschland. Das Land ist zu einer führenden Weltmacht geworden. Die USA wollen eine multipolare Weltordnung nicht akzeptieren und suchen deshalb verstärkt die Konfrontation mit China. Europa sollte sich in diesen Machtkampf nicht einbinden lassen und statt dessen einen eigenständigen Weg gehen und international für Frieden, Verständigung und internationale Zusammenarbeit werben. Wenn es richtig ist, dass die Klimakatastrophe den ganzen Erdball betrifft, dann gibt es zu einer Politik der weltweiten Zusammenarbeit keine Alternative. Die Verantwortung für das Klima gebietet im Übrigen sich für Abrüstung und das Beenden der Kriegshandlungen einzusetzen, die selbst neben den unmittelbaren menschlichen Opfern eine ungeheure Klimaschädigung verursachen.
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9. Wir müssen Israel mit Waffenlieferungen unterstützen, um unserer historischen Verantwortung gerecht zu werden und das Existenzrecht Israels zu sichern.
Unsere Antwort
9. Es kann nicht deutscher historischen Verantwortung entsprechen durch die Lieferung von immer mehr Kriegswaffen indirekt an der Tötung tausender Zivilopfer, vor allem von Kindern, mitschuldig zu werden. Israel muss durch internationalen Druck gezwungen werden, einem Waffenstillstand zuzustimmen, auch wegen der von den Hamas-Terroristen immer noch gefangenen Geiseln. Gesteigerte Waffenlieferungen sind aber das Gegenteil von politischem Druck.
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10. Wir dürfen Israel in den Gremien der Vereinten Nationen nicht wegen der Angriffe in Gaza und im Libanon verurteilen und auch keinen palästinensischen Staat anerkennen, weil das den Antisemitismus fördern würde.
Unsere Antwort
10. Der Antisemitismus wird durch die Politik Netanjahus gefördert. Seine Ablehnung der Zwei-Staaten-Lösung, seine aggressive Siedlungspolitik im palästinensischen West-Jordanland und seine Kriegsführung mit bislang über 40.000 zivilen Opfern im Gaza-Streifen und im Libanon ruft immer mehr Kritik bei fast allen Staaten der Welt hervor und führt zu Verurteilungen in Beschlüssen der UN-Vollversammlung. Die Folge dieser israelischen Politik ist, dass Terrorismus und Judenhass immer wieder Nahrung erhält. Die Bundesregierung sollte hier eindeutiger Stellung beziehen und sich nicht mehr enthalten, wenn in der UNO die Politik Israels verurteilt wird. Zur Lösung des Konfliktes ist eine Verhandlungslösung anzustreben, die das Existenzrechts Israels ebenso anerkennt wie das Existenzrecht eines palästinensischen Staates in gesicherten international anerkannten Grenzen.
Hans-Henning Adler
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