SPD-Landeswahlprogramm Niedersachsen: Ein Füllhorn unglaubwürdiger Versprechungen

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SPD-Landeswahlprogramm Niedersachsen: Ein Füllhorn unglaubwürdiger Versprechungen

DIE SPD Niedersachsen hat in ihrem vom Landesvorstand jetzt vorgestelltem Entwurf für ein Landeswahlprogramm auf den ersten Blick beachtliche Ziele formuliert. So lesen wir:

Bis zum Jahr 2040 soll der Energiebedarf zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energiequellen gedeckt werden.

Der ländliche Raum müsse genauso mit Bus und Bahn erreichbar sein, wie es die urbanen Zentren Niedersachsens sind.

Und dabei soll Mobilität sowie der Bezug von Strom und Wärme auch für die Bevölkerungskreise mit kleinem Einkommen weiterhin erschwinglich bleiben.

Bis spätestens 2030 will die SPD den flächendeckenden Ausbau einer Ladeinfrastruktur für E-Autos organisieren.

Im laufenden Jahrzehnt soll ein Großteil der Straßenbrücken an Bundes- und Landesstraßen erneuert werden.

Eine klimagerechte Wiederaufforstung des Waldes soll konsequent vorangetrieben werden.

Auch das marode Bergwerk Asse II soll schnellstmöglich gesichert und die atomaren Abfälle zurückgeholt werden.

Es heißt dort weiter: „Wir brauchen eine Landeswohnungsbaugesellschaft für die Schaffung von mehr bezahlbarem Wohnraum und zur Stärkung des Wohnungsbaus.“ und sogar „Auch das Land Niedersachsen muss wieder die Möglichkeit bekommen, sich aktiv an der Daseinsvorsorge im Wohnungswesen zu beteiligen, Grundstücke zu erwerben, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen und dauerhaft in öffentlicher Hand zu bewirtschaften.“

Und im Bildungsteil: „Wir setzen die Schulgeldfreiheit komplett um“. Alle Schülerinnen und Schüler in Niedersachsen sollen mit einem persönlichen digitalen Endgerät, also einem Tablet, ausgestattet werden. Ein kostenloses ÖPNV-Angebots für Schülerinnen und Schüler der Oberstufe, ebenso für (schulische) Azubis, Bundesfreiwilligendienstler und FSJler soll eingeführt werden.

Bei der Besoldung der Lehrkräfte will die SPD „Schluss machen“ mit dem Unterschied zwischen den Schularten: „Wir setzen A13/E13 für alle vollständig um, indem wir schrittweise die Besoldung anheben.“

Und im Kapitel über die Krankenhäuser steht: „Gesundheit ist keine Ware, sondern ein Kernelement staatlicher Daseinsvorsorge. Deshalb muss die fortschreitende Ökonomisierung gestoppt und so weit wie möglich eine Rekommunalisierung mit Unterstützung von Land und Bund eingeleitet werden.“

Da die SPD bei all diesem Füllhorn von Versprechungen auch irgendwie berücksichtigen muss, dass in Folge der Corona-Krise, der wegen des Ukraine-Krieges verhängten Sanktionen und der gestiegenen Preise, vor allem im Energie-Bereich, das Wirtschaftswachstum eher zurückgehen wird und damit auch weniger Steuereinnahmen zu erwarten sind, stellt sich die Frage, wie die SPD das alles aus dem Landeshaushalt finanzieren will:

Die Antwort findet sich in folgendem Satz:

Aufgrund der Haushaltslage müssen zusätzliche zukünftige Vorhaben unter einem Finanzierungsvorbehalt stehen – das heißt, sie können nur umgesetzt werden, wenn es die finanziellen Spielräume dafür im Landeshaushalt tatsächlich gibt.“ (S.40)

Fairerweise muss man anerkennen, dass die SPD den Irrsinn der Schuldenbremse zu erkennen anfängt. So lesen wir erstaunt: „Die Schuldenbremse des Grundgesetzes ist investitionsfeindlich.“ Unklar bleibt, warum sie dann mit den Stimmen von SPD sogar in die Landesverfassung übernommen wurde.

Immerhin wird im SPD-Programm ein Vorschlag des DGB aufgegriffen einen „Niedersachsenfonds“ als Investitionsinstrument zu entwickeln, das konform mit den Regelungen von Schuldenbremse und Fiskalpakt neue Handlungsspielräume eröffnen soll.

Damit werden wir Investitionen von mehreren Milliarden Euro auslösen. Insbesondere Wohnungsbau, Landesliegenschaften, Hochschulen und Krankenhausinvestitionen bieten sich dafür an, über sogenannte schuldenbremsenunabhängige Kredite im Rahmen von Investitionsgesellschaften ermöglicht zu werden.“

Das ist zweifellos richtig. Fraglich bleibt, wie mutig die SPD dabei sein wird und ob mögliche Koalitionspartner von FDP und Grüne das mittragen würden. Ein Allheilmittel wird der Niedersachsenfonds aber auch nicht sein, weil die über dieses Instrument aufgenommenen Schulden ja auch mal zurückgezahlt werden müssen. Glaubwürdiger wäre es gewesen, wenn die SPD hier die Frage der ungerechten Steuerlasten aufgegriffen hätte, aber nicht einmal eine Bundesratsinitiative zur Wiedereinführung der Vermögenssteuer findet sich im SPD-Wahlprogramm.

Die wirklichen Absichten der SPD kann man erkennen, wenn man mehrdeutige Formulierungen zu interpretieren weiß: Über die Krankenhäuser steht nämlich nicht nur der Satz, dass Investitionen auch in diesem Bereich aus dem Niedersachsen-Fonds finanziert werden sollen, es findet sich auch der Satz, dass „die niedersächsische Krankenhausstruktur sich zukünftig noch stärker an den tatsächlichen Versorgungsbedarfen in den jeweiligen Regionen orientiert werden soll“, womit etwas gewunden der an anderer Stelle offen angesprochene Plan gemeint ist bis zu 40 Krankenhäuser in Niedersachsen schließen zu wollen.

Hans-Henning Adler

Mitglied des Landesvorstands

der LINKEN Niedersachsen

2022-05-03T16:03:14+00:00